Dienstag, 22. Januar 2013

Dirk Löhr - Ausstellung

Ausstellung des Neo-Expressionisten Dirk Löhr 
im Kunsthaus Schöne
19. Januar - 20. Februar 2013


Abraham vs Taylor (Bild Nr 4, 150*100)





Text von Dr. Stephanie Eckhardt


Im Kunsthaus Schöne gehen weltberühmte Künstler ein und aus: Susanne Kessler, Markus Lüpertz und A.R. Penck, um einige zu nennen, auch der vor sechs Jahren verstorbene Jörg Immendorf stellte im Kunsthaus Schöne seine Werke vor. 

Doch auch unbekannte Künstler werden entdeckt:
Dirk Löhr ist eine Neuentdeckung des Kunsthauses Schöne und hat seine Werke zuvor noch nicht in einem solch öffentlichem Rahmen gezeigt.
Wir sehen 45 Werke von Dirk Löhr, zum Beispiel die „Showgirls“, „Dixieland“, eine Hommage an Otto Dix, „Die Apokalyptischen Reiter“ - das einzige Bild ohne Frauenfiguren. Dirk Löhr hat die Pferde auf seine eigene Art gemalt, auf die Grundform „Pferd“ reduziert. Wenn er „mehr echtes Pferd“ gemalt hätte, ginge die gewünschte Wirkung fehl – ebenso wie Franz Marcs „Blaues Pferd“ ehrlicher und echter wirkt, als wenn er ein gegenständliches Pferd gemalt hätte. Mit ein Grund, Dirk Löhr dem Neo-Expressionismus zuzuordnen. Der Neo-Expressionismus bedient sich vieler unterschiedlicher Stilmittel, die leidlich unter diesen großen Begriff gefasst werden, der nicht allen Künstlern in ihrer Einzigartigkeit gerecht wird.

Cafe (Bild Nr. 12, 100*140cm)
Inspiriert zu diesem Stil hat Dirk Löhr allerdings sein eigener Sohn im damaligen Alter von 4 Jahren, wenn er seinen Vater um Begriffe bat. So nannte ihm Dirk Löhr verschiedene Worte – wie Zahnbürste oder Tiger – und sein Sohn malte mutig und unbefangen drauf los.
Dirk Löhrs Bilder sind zwar auf den ersten Blick knallig farbenfroh, schrill und scheinbar naiv, aber sie sind auch hintergründig.
Dirk Löhrs Werke sind auch nicht vergleichbar mit den naiven Darstellungen eines James Rizzi. Sie sind von einzigartiger Dimension:
Sylvester (Bild Nr. 34, 100*140cm)
Warum malt Dirk Löhr die immer wieder gleichen Frauenfiguren vor den meistens dominierenden Rottönen? Die Frauen sind die Hauptfiguren und selbstbewusst dargestellt, zum anderen blicken wir in das Hellblau ihrer leeren Augenhöhlen, doch fehlen ihre Augen ebensowenig wie die fehlenden Nasen in ihren Gesichtern.
Wir sehen Bilder voll farbiger Lebensfreude, zum anderen solche hintergründigen Stilmittel. Die Frauenfiguren haben nackte runde Brüste und herzförmige Unterleiber, dem entgegengesetzt schwarze, dünne und absichtlich zu lange Arme und Beine als Form der Abstraktion.
Dirk Löhr ist jedoch kein Aktmaler. Er malt die Frauenfiguren in einer fast exzessiven Wiederholung.
Und trotz dieser Wiederholung und Gleichheit hat jede Frauenfigur ihre eigene Persönlichkeit, die Dirk Löhr mit Gesten und Körperhaltung ausdrückt.
Show-Girls (Bild Nr.14, 90*120, verkauft)
Ein Paradox, dass wir auf den ersten Blick vielleicht nicht in Einklang bringen:
Den Mythos „Frau“ entblößend und der Frau gleichzeitig huldigend, in der steten Wiederholung des gleichen Motivs.
Im Zyklus der 45 Bilder ist zu erkennen, dass es Dirk Löhr nicht darum geht, mit seinen Bildern Geschichten zu erzählen, sondern es sind unterschiedliche Szenen aufgeführt, die nichts miteinander zu tun haben - in denen Dirk Löhr jedoch auf die Wiederholung seiner Frauenfiguren insistiert.
Dirk Löhr nährt dies auch aus einer neuen Perspektive:
Ist der vielleicht aus dem Ruder gelaufene Feminismus der Grund, den Frauen in seinen Bildern ihre derzeit auferlegte Rolle zu nehmen als berufstätige Nichtmutter und „Mannfrau“?
Was auf den ersten Blick wie ein naiver Farbtanz aussieht, erweist sich als hintergründige Inszenierung.
Müssen wir denn, wenn nackte Brüste gezeigt werden, an Erotik oder Sexualisierung denken, an die Rolle der Frau, an den heutigen Feminismus und politisch motivierten Rollentausch?
Zwangsläufig treiben wir gedanklich in dieses Thema, oder wir betrachten die Bilder als Aktmalereien – aber das können wir nicht, denn es sind keine.
Dirk Löhr stellt gegenwärtige Frauen dar. Die Frauen heute müssen allerdings eine ihnen politisch und gesellschaftlich aufgezwungene neue Rolle erfüllen, von ihnen wird sogar verlangt, ihr eigenes Kind so früh wie möglich, mit einem Jahr bereits und vorzugsweise noch früher, in eine Krippe zu geben bzw. einer Tagesmutter zu überlassen – oder eben dem Vater, der seinerseits als Mann zunehmend in seine heutige Rolle gedrängt wird, die bisherige „Frauenarbeit“ als Mutter und Hausfrau zu übernehmen oder teilweise zu übernehmen.
Vor einigen Jahren noch haben wir nie einen Mann in der Werbung gesehen, der vor laufenden Waschmaschinen und brodelnden Kochtöpfen Kinder und Babys herumgetragen hat, auch war ein Mann mit Kinderwagen im Supermarkt eine ausgesprochene Seltenheit. Doch der jahrelang von Politik und Medien avisierte Rollentausch hat Wirkung gezeigt: Einige, wenn auch wenige Männer gehen bereits in Mutterschutz, der in Elternzeit umbenannt wurde, und einige Mütter verlassen bereits so früh wie möglich ihr Kind und gehen zur Arbeit, da ihnen seit vielen Jahren eingetrichtert wird, dass die Erwerbstätigkeit einen höheren Wert hat, als sich um das eigene Kind zu kümmern.
Hat denn die Einflußnahme dieses uns auferlegten heutigen „Rollentauschs“ auch wirklich Einfluß auf unser Gefühl als Frau, als Mann?
Wird uns denn tatsächlich unsere Identität genommen, brauchen wir neu entdeckte Künstler wie Dirk Löhr, der hier vorzugsweise den Frauen einen Teil ihrer Identität zurück gibt, der sie Frauen sein lässt mit runden Brüsten, die tanzen, baden, sich schön machen – nur Mütter sind sie noch nicht, aber Mütter sollen sie heute auch nicht mehr sein, sie sollen zwar ein Kind bekommen, aber dürfen ihrem Kind keine Mutter mehr sein.
Die Männerfiguren an der Seite der Frauen, wenn es sie vereinzelt im Bildwerk gibt, sind allenfalls in den Hintergrund tretende Begleiter.
Die plakative Darstellung der Frauenfiguren in einer bunt-roten Szenerie, die sich darin nackt und halbnackt bewegen, das Befreien der Frauenfiguren aus den für sie politisch vorgesehenen Rollen als berufstätige Mannfrau und Nichtmutter, die intensive Wiederholung der immer gleichen Figuren ist ein neuer und bahnbrechender Stil, über den wir in einigen Jahren sicher umfassender sprechen werden als heute. Dann nämlich, wenn Dirk Löhr als ein Keith Haring der Frauen bekannt geworden ist.



Spiritistische Sitzung (Bild Nr. 15, 100*100cm)

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